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Geschichte
Hintergrundinformationen zu antiken Handelsperlen aus Westafrika

Schon im Altertum galten phönizische, römische und frühislamische Glasperlen neben Kupfer und Eisenbarren als gebräuchliche Zahlungsmittel. Im Tausch gegen Gold, Salz und Sklaven gelangten sie mittels Kamelkarawanen aus dem Mittelmeerraum und dem vorderen Orient in die alten westafrikanischen, am Nigerfluss (genannt "Djoliba") gelegenen Königreiche Gana (9.-11 Jh.), Mali (11-15 Jh.) und Songhai (16.Jh.). In afrikanischen Gesellschaften waren Glasperlen begehrte Statussymbole für Könige und Notable; sie hatten oft rituelle Bedeutung, dienten als traditionelle Kapitalanlage und waren z. T. auch Bestandteil des Brautpreises. Auch rote Korallen und gelber Kopal (tropischer Bernstein) waren zu allen Zeiten sehr gefragt. Korallen wurden durch Mekkapilger von Arabien kommend nach Westafrika eingeführt und zu Zahlungs-, Schmuck- und Fetischzwecken verwendet. Kopal kam meist aus Marokko.

Mit Beginn des 16. Jahrhunderts gelangten anfangs Korallen und Kauri-Schnecken, später Glaswaren jeder Art (Spiegel, Trinkgefäße und zunehmend Glasperlen) aus Murano an die westafrikanische Küste, wo sie von den Seefahrern und Händlern zunächst gegen Gold, Sklaven und Elfenbein und später gegen Palmöl, Kautschuk, Edelhölzer und Baumwollstoffe eingetauscht wurden. Die Seefahrer und Händler (Portugiesen, Holländer, Engländer und Franzosen) deckten sich bei von Murano belieferten Perlengrossisten (in London, Amsterdam und Hamburg) mit dem begehrten Zahlungsmittel für den lukrativen Überseehandel mit Afrika, Nordamerika und Asien ein. Nach Westafrika gelangten insbesondere solche Perlen, die zuvor mittels Musterkarten von den afrikanischen Häuptlingen zur Begleichung ihrer künftigen Warenlieferungen an die Europäer ausgesucht bzw. bestellt worden waren. Etliche dieser historischen Glasperlen-Bestellkarten sind bis heute erhalten; sie sind wichtige Dokumente für die Bestimmung von Alter, Herkunft und Verwendung der antiken Handelsperlen (siehe Beispiele auf dieser Webseite).

In der Renaissance entwickelte sich die Glasverarbeitung in Venedig zu voller Blüte. So gab es um 1610 in Murano bereits über 250 Glasmanufakturen, Glasperlen wurden millionenfach hergestellt, die Produktion stieg über die Jahrhunderte auf viele Tausend Tonnen pro Jahr. Es wurden an die 100.000 verschiedene Motive geschaffen, doch die bekanntesten in Westafrika anzutreffenden Perlenarten sind:

  • Chevron - Perlen: aus gezogenen Strängen mit mehreren verschiedenfarbigen
    Glasschichten, mit Streifen im Schliff und Sternenmuster im Querschnitt;
     
  • Millefiori - Perlen: "Tausendblümchen", auf einen Glaskern eingebrannte Glasmosaiken;
     
  • Augen- und Federperlen (aufgetragene Tupfen- oder Palmenmuster auf Einzelperlen oder Perlen aus gezogenen Strängen);
     
  • Mit Schmelzfarben verschieden bunt bemalte, gedrehte Einzelperlen.

Die venezianischen Glasbläser waren in Gilden organisiert und zur Geheimhaltung ihres Wissens verpflichtet; nichtsdestotrotz wurden sie in Murano abgeworben oder verdingten sich als Wanderarbeiter nördlich der Alpen und halfen entscheidend mit beim Aufbau der Glashütten in Mitteleuropa. Seit dem 18. Jahrhundert gelangten daher auch gedrehte und formgepresste Perlen aus Holland (Amsterdam) und aus Thüringen (Lauscha) in den Westafrikahandel; Pressglas aus Böhmen (Gablonz) und geschliffener Achat aus Idar Oberstein kamen im späten 19. Jh. noch hinzu. Während der Kolonialepoche wurden die Handelsperlen schließlich nach und nach durch moderne Geldwährungen ersetzt, was zwischen 1920 und 1940 abgeschlossen war. Die Musterkarten der Perlengrossisten datieren idR zwischen 1880 (auf Karton aufgenähte Perlen) und 1925 (erste Kataloge in Farbdruck). Die jüngeren Musterkarten der Murano-Manufakturen stammen aus dem Jahr 1937. Die letzte dokumentierte Musterkarte wurde im August 1951 zusammengestellt, für den Handel einer Brüsseler Firma mit Dar es Salam (Tansania).

Die überwiegende Mehrheit der nach Westafrika gelangten Perlen ging freilich im Laufe der Jahrhunderte verloren (Grabbeigaben, Glasbruch, sonstige Verluste) oder liegt in einer abgenutzten, unansehnlich verkrusteten (Versinterung) und kaum brauchbaren Form vor. Die heute noch in Westafrika anzutreffenden antiken Handelsperlen guter Qualität stammen mehrheitlich aus der Zeit zwischen 1850 und 1920; aber auch sie sind entsprechend selten und teuer geworden.

Im westafrikanischen Alltag sind daher heute eher die indischen und vor allem die ghanaischen Nachahmungen aus Glaspulver präsent, die aufgrund ihrer billigen bzw. grob-porösen Beschaffenheit leicht als Imitationen zu erkennen sind. Seit Millefiori-Perlen unter der Bezeichnung "Love-Beads" aus Afrika reimportiert und mit Friedenssymbolen zu Halsketten verarbeitet wurden (Flower-Power-Bewegung um 1970), erleben antike Handelsperlen in den USA, aber auch in Europa, eine zunehmende Aufmerksamkeit und Wertschätzung. In Afrika dagegen sind sie weitgehend in Vergessenheit geraten; kaum einer kann sie sich noch leisten. Sie kommen zuweilen als Schmuck bei traditionellen Festen und Zeremonien noch zum Vorschein und werden als Familienbesitz weitervererbt oder auf Märkten bzw. über Händler verkauft.

Die hier präsentierten, gut erhaltenen antiken Handelsperlen wurden über längere Zeiträume auf verschiedenen Märkten und von diversen Händlern vor Ort in Westafrika zu angemessenen Preisen erworben; die meisten stammen von den Perlenmärkten in Lomé (Togo), Koforidua (Ghana), Mopti (Mali) und Nouakchott (Mauretanien). Die handverlesenen Perlen wurden zu individuellen Colliers arrangiert und teilweise mit von senegalesischen Goldschmieden angefertigten Gold- und Silberelementen veredelt oder mit modernen, handgefertigten Gelbmetallperlen (Bronze, Messing) aufgelockert.

Die Schmuckstücke sind authentische Unikate. Sie knüpfen an die Tradition der Ashanti (Ghana) und der Baule (Elfenbeinküste) an, Glasperlen mit afrikanischem Gold oder mit Bronze-Perlen zu kombinieren. Sie stellen eine ästhetische und lebendige Verbindung zu längst vergangener, bewegter und bewegender, europäischer und westafrikanischer Geschichte her.

 
 
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